Auf dem Boden bleiben?!
Unsere Böden zwischen Nutzen und Schützen

40. Bundestagung vom 5. bis 7. Juni 2019 in Rendsburg, Schleswig-Holstein

von Dipl.-Ing. Kerstin Ebke, Vorsitzende der DLKG-Arbeitsgruppe Schleswig-Holstein

Der Boden als Grundlage allen Lebens stand im Mittelpunkt der diesjährigen Jubiläumstagung der DLKG, die in Schleswig-Holstein, dem Gründungsland der Gesellschaft, stattfand. In bewährter Weise wechselten sich Impuls- und Fachvorträge sowie Diskussionen und Pausengespräche ab und ermöglichten einen richtungsweisenden Informations- und Meinungsaustausch. Am dritten Veranstaltungstag fanden zwei Exkursionen statt und boten Gelegenheit, die Erkenntnisse aus der Tagung zu vertiefen, aber auch kulturhistorische Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.

Zu Beginn stellte Prof. Dr. Karl-Heinz Thiemann, Vorsitzender der DLKG, die Entstehungsgeschichte der Gesellschaft dar, die 1977 gegründet worden ist, und würdigte ihre Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume. Schon seit 1964 widmete sich ein Arbeitskreis den damals relevanten Fragen der Kulturtechnik und Bodenmelioration. Vielfach wurden die Vorhaben über Flurbereinigungsverfahren umgesetzt, so dass traditionell viele Mitglieder der DLKG aus diesem Arbeitsbereich stammen. Man erkannte schon zu Beginn der 1970er Jahre, dass auch Querschnittsaspekte des Naturschutzes und der Landentwicklung in die Kulturlandschaftsgestaltung einbezogen werden müssen, woraus das heutige, moderne Verständnis der Landeskultur hervorging.

Bürgermeister Pierre Gilgenast hob in seinem Grußwort die historische Bedeutung von Rendsburg als ehemalige Garnisonsstadt hervor und ging auf aktuelle Probleme der Stadtentwicklung ein. Ein besondere Herausforderung stellen die Stadt-Umland-Verflechtungen dar, weil wohlhabendere Bevölkerungskreise vielfach in die umliegenden Gemeinden ziehen und die Stadt dadurch Einwohner verliert, jedoch nach wie vor die zentralörtliche Infrastruktur für die Region bereitstellen muss. Abschließend äußerte Herr Gilgenast seine Freude darüber, dass die DLKG zum 40. Jubiläum in seiner Stadt mit einem landwirtschaftlichen Thema tagt, weil Rendsburg allgemein als Landesbauernstadt bekannt ist.

Traditionell wird im Rahmen der Bundestagungen der DLKG-Förderpreis verliehen, der in diesem Jahr an den Landschaftspflegeverband Kelheim VöF e.V. für seine erfolgreiche Projektbegleitung in der bayerische Initiative „boden:ständig“ ging. Stellvertretend für den Landschaftspflegeverband nahm Geschäftsführer Klaus Blümlhuber den Preis entgegen und erläuterte die vielfältigen Aktivitäten in der Initiative „boden:ständig. Einleitend stelle er die allgemeine Bedeutung der Landschaftspflegeverbände dar und beleuchtete am Beispiel seines Verbandes die Aufgaben in der klassischen Landschaftspflege, in Naturschutzprojekten, im Gewässerpflegemanagement zur Umsetzung der WRRL, in der Umweltbildung und Regionalvermarktung sowie in verschiedenen LEADER-Projekten.

Verleihung des DLKG Förderpreises 2019: (von links) Laudator: Dipl.-Ing. Joachim Omert, Klaus Blümlhuber, Geschäftsführer Landschaftspflegeverband Kelheim e.V. und Prof. Dr. Karl-Heinz Thiemann Verleihung des DLKG Förderpreises 2019: (von links) Laudator: Dipl.-Ing. Joachim Omert, Klaus Blümlhuber, Geschäftsführer Landschaftspflegeverband Kelheim e.V. und Prof. Dr. Karl-Heinz Thiemann

Die Tagung wurde fortgesetzt mit einem eindrucksvollen Bildervortrag und Impressionen der Kulturlandschaften in Schleswig-Holstein. Zu Aufnahmen von H. Dietrich Habbe, der über 40 Jahre als Landschaftsfotograf tätig ist, sprach der Landesnaturschutzbeauftragte Prof. Dr. Holger Gerth und gab einen ersten Eindruck von der Vielfalt und Schönheit der schleswig-holsteinischen Landschaften. Fachlich führte Dr. Uwe Schleuß vom Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein mit Zahlen und Fakten aus der Agrarstatistik und Bodenkunde in das Thema der Tagung ein. Anschließend berichteten zwei Praktiker aus ihrer täglichen Arbeit, die von den natürlichen Standortbedingungen geprägt ist. Klaus-Peter Dau wirtschaftet mit seinem Milchviehbetrieb in einer moorigen Niederungsregion, die von den Flüssen Eider, Treene und Sorge durchzogen wird. Dabei stehen Fragen der Entwässerung und der schonenden Bewirtschaftung der Moorböden bei gleichzeitig intensiver Milchviehhaltung mit hohen Ansprüchen an die Futterqualität im Vordergrund. Klaus-Dieter Blanck von der Insel Fehmarn berichtete über den Ackerbau in einer Hochertragsregion mit sehr guten Böden, die zukünftig verstärkt unter Aspekten des Klimawandels und der Bewahrung der Bodenfruchtbarkeit bewirtschaftet werden müssen. Diesbezüglich unterschied Herr Blanck zwischen einer technisch machbaren Krümelstruktur des Bodens und der tatsächlichen Porenstruktur, die insbesondere durch den Bodendruck großer Maschinen Schaden nimmt.

Den ersten Tag beschloss Dietrich von Hobe, Geschäftsführer der Landgesellschaft Schleswig-Holstein, mit Ausführungen zum aktuellen Bodenmarkt, der in den letzten Jahren erhebliche Preissteigerungen zu verzeichnen hatte. Gleichwohl empfahl er, bei vorhandener Liquidität auf den Markt kommende hofnahe Flächen zu kaufen, da sich diese Chance statistisch gesehen nur alle 250 Jahre bietet.

Den zweiten Tagungstag eröffnete MdL Jan Philipp Albrecht, Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, mit einem fachlich ausgerichteten Grußwort über die Standpunkte der Landesregierung zum Bodenschutz. Damit war eine exzellente Vorgabe für die weiteren Fachvorträge und Diskussionen gegeben, die gerne aufgegriffen wurde.

Der Vormittag bot mit drei Fachreferaten und nachfolgend drei Impulsvorträgen eine hohe Informationsdichte, die in einer gemeinsamen Podiums- und Plenumsdiskussion vertieft wurde. Den Anfang machte Prof. Dr. Conrad Wiermann von der Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft, mit Ausführungen zur Bodenfruchtbarkeit. Dr. Arne Poyda, Universität Kiel, referierte zur klimaschonenden Bewirtschaftung von Böden, während Dr. Frank Steinmann, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Aspekte des Gewässerschutzes in Verbindung der Medien Boden und Wasser betrachtete.

Podiumsdiskussion mit den Referenten, Moderator: Sönke Hauschild, Bauernverband Schleswig-Holstein (Quelle: DLKG) Podiumsdiskussion mit den Referenten, Moderator: Sönke Hauschild, Bauernverband Schleswig-Holstein (Quelle: DLKG)

Anschließend gesellten sich hochrangige Vertreter verschiedener Institutionen zu den Rednern hinzu und stellten sich unter Leitung von Sönke Hauschild der Diskussion untereinander und den Fragen des Auditoriums. Werner Schwarz, Präsident des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes, Sandra Redmann, MdL und Vorstand der schleswig-holsteinischen Stiftung Naturschutz sowie Hans-Heinrich Gloy, Verbandsvorsteher des Landesverbandes der Wasser- und Bodenverbände, gaben kurzen Statements ihre jeweilige Position und Sichtweise wieder. Die Runde war sich einig, dass Bodenschutz als Querschnittsaufgabe verstanden werden muss ist und im gemeinsamen Zusammenwirken aller Akteure viel erreichen kann.

Nach der Mittagspause referierte Prof. Dr. Günther Bachmann, Generalsekretär des Nachhaltigkeitsrates, zum sog. 30-ha-Ziel der Bundesregierung. Danach folgte Dr. habil. Elke Fries, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe aus Hannover. Sie stellte die Eintragspfade und Verweildauer von Xenobiotika, also „dem Leben fremde Stoffe“ in Böden dar und betrachtete dabei neben den Silbernanopartikeln, die als Biozide verwendet werden, Arzneimittelrückstände aus Klärschlamm und ihre Umwandlungsprodukte sowie die sog. nicht relevanten Metabolite von Pflanzenschutzmitteln. Sie forderte in ihrem Fazit, dass langfristige Untersuchungen zur Wirkung und Ausbreitung von Xenobiotika und Umweltqualitätsstandards für ein sicheres Wasser- und Klärschlammrecycling ebenso notwendig sind wie partizipative Lösungen zur Risikobewertung, um Nutzungskonflikte von Wasserwirtschaft und Landwirtschaft zu lösen. Dr. Eckhard Cordsen, Bodenkundler des Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, referierte anschließend zur Verdichtung landwirtschaftlichmgenutzter Böden und warf die Frage auf, ob dies ein unterschätztes Problem sei. Aus Messungen ist ersichtlich, dass eine anthropogen verursachte Verdichtung nachzuweisen ist. Daraus werden Hinweise für die Verdichtungsempfindlichkeit bei ackerbaulicher Nutzung im Winter- und Sommerhalbjahr abgeleitet und in Form von Karten zur Verfügung gestellt. Zudem hat das Land Schleswig-Holstein in einer „Praxisbefragung Bodenverdichtung“ Landbewirtschafter, Berater und Lohnunternehmer nach ihrer Einschätzung zu Gefährdungspotenzialen in Bezug auf die Bodenverdichtung befragt. Es zeigte sich, dass Berater und Lohnunternehmer das Problem der Bodenverdichtung größer einschätzen als die Landwirte selbst. Das Bewusstsein um die Problematik ist insgesamt vorhanden, es bedarf nun weiterer Aufklärungsarbeit und der Erarbeitung von Gegenmaßnahmen.

Dr. Marek Filipinski, ebenfalls Bodendezernent des Landesamtes, schloss sich mit Ausführungen zu den Bodendauerbeobachtungsflächen in Schleswig-Holstein an. Es werden unterschiedliche Nutzungssysteme langfristig erkundet und zahlreiche Messergebnisse erhoben, auch in Verbindung mit dem oberflächennahen Grundwasser. Ziel ist es, die Veränderungen im Boden zu überwachen, Prognosen für die Entwicklung von Bodeneigenschaften zu geben und ein Frühwarnsystem des vorsorgenden Bodenschutzes zu etablieren. Des Weiteren berichtete Jørgen Popp Petersen, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Hauptvereins Nordschleswig, von den Bedingungen des Bodenschutzes im nördlichen Nachbarland Dänemark. Abschließend wagte Dr. Thomas Straßburger vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit einen Ausblick in die Zukunft. Er ging insbesondere auf den Flächenverbrauch, die Einträge von Plastik in Böden und die klimaschonende Bewirtschaftung von Moorböden ein. Der Bund erarbeitet zurzeit eine Moorschutzstrategie, wozu auch die Entwicklung nasser Bewirtschaftungskonzepte gehört.

Abschließend ist festzuhalten, dass Böden unverzichtbare Träger aller abiotischen und biotischen Ressourcen sind und zur Sicherung der menschlichen Ernährung Pflege und Nutzung in Einklang gebracht werden müssen. Dabei bestehen enge Beziehungen zum Arten-, Klima- und Wasserschutz. Diese Aufgaben und Querschnittsfunktionen wurden durch die verschiedenen Vorträge kompetent beleuchtet und eingehend erörtert. Damit ist es der DGKG gelungen, die Diskussion um die vielfältigen Bodenfunktionen in einem ganzheitlichen Ansatz problemorientiert aufzugreifen und so einen Beitrag zu effizienten Strategien für einen nachhaltigen Bodenschutz zu leisten.